Trinkbecher auf Fuß mit Tier-Gravuren

Zwischen 1530 und 1535 entstanden dank des Glaskünstlers Vincenzo D’Angelo Diamantgravuren in Murano. Die Technik besteht darin, die Konturen von Subjekten durch einen durchgehenden Strich einzugrenzen und dann die Flächen durch schraffierte Züge auszufüllen. 

Der Pokal ist mit dem Wappen der Medici graviert, welches durch sechs runde Presskuchen gekennzeichnet ist (feste Rückstände nach der Gewinnung von Öl aus Samen und Ölfrüchten). Diese erinnern daran, dass die Mitglieder dieser Familie ursprünglich Apotheker oder Ärzte waren, bevor sie Händler und Bankiers wurden. Auf beiden Seiten sind zahlreiche Tiere des Waldes dargestellt, nämlich ein Eichhörnchen, zwei Wildschweine, ein Fuchs, ein Hirsch und eine Hirschkuh sowie auch exotische Tiere: ein Wiedehopf, ein Pfau, ein Nashorn und ein Elefant. Zudem erkennt man eine Katze, eine Biene, einen Marienkäfer und verschiedene Arten von Vögeln, darunter drei Raubvögel (davon einer mit Beute).

Das andere Hauptmotiv, das dem Wappen gegenüber liegt, stellt einen Löwen dar, der eigentlich für Ferdinand I., Großherzog der Toskana von 1587 à 1609, steht. Auf ihn spielt die Inschrift am Rand des Glases an: „FERDiNADVs * M * D * ETrVriAE“ (Etrurien entsprach der Fläche der Toskana). Mit den fünf Presskuchen-Symbolen der Medici auf dem Pelz, einer Pfote auf der Erdkugel und der anderen auf dem Kreuz des toskanischen St.-Stephans-Orden (gegründet 1572 von Cosimo I. von Medici) wird der König der Tiere alias Ferdinand I. als mit der päpstlichen Tiara gekrönt dargestellt, der absolut über die Toskana und die Erde herrscht. In dieser symbolischen Darstellung kann man eine Satire über die Herrschaft des Großherzogs über die Toskana erkennen.  
Das tierische Dekor stellt ein echtes illustriertes Bestiarium dar. Es handelt sich um ein außergewöhnliches und seltenes Stück, das in Venedig graviert wurde. Zudem werden auf einer Inventarliste der Garderobe von Ferdinand I. von Medici, welche 1587 erstellt wurde, vier mit Tiermotiven verzierte Glasbecken, was auf eine florentinische Produktion dieses einzigartigen Trinkbechers hindeutet. Er wurde im 19. Jahrhundert zu einem Messkelch umgewandelt und der ursprüngliche Glasfuß wurde durch vergoldetes Messing ersetzt.

Numéro d'inventaire FLORA
GC.VER.08a.1952.66407 (B/456)
Année d'exécution
1587-1589
Lieu
Venise ou Florence
Dimensions
H 25,70 cm - Ø orifice 8,56 cm